Wilhelma-Theater

Sanierung Saalbeleuchtung und Nebensteuerpult im Wilhelma-Theater

Das Wilhelma-Theater im Stuttgarter Stadtbezirk Bad Cannstatt kann auf eine über 180-jährige, ereignisreiche Geschichte zurückblicken. Dennoch war es im späten 20. Jahrhundert aufgrund der Baufälligkeit bereits kurzzeitig vom Abriss bedroht. Dies konnte jedoch durch umfangreiche Sanierungsmaßnahmen verhindert werden, sodass das Theater seit 1987 vorrangig der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst als Lehr- und Lerntheater dient. Außerdem kann das Haus für externe Veranstaltungen angemietet werden. In der Spielzeitpause 2020 wurde die Saalbeleuchtungsanlage dem Stand der Technik entsprechend angepasst.

Um den Charakter des historischen Saals und der angrenzenden Foyers zu erhalten, waren die Rahmenbedingungen schnell gesetzt. Die Halogenleuchtmittel in den bestehenden Lüstern mussten durch adäquate LED-Ausführungen ersetzt werden, wobei eine perfekte Dimmung über den kompletten Bereich von 0-100% ohne Wertsprünge oder Verzögerungen zwischen den einzelnen Leuchtengruppen für den szenischen Betrieb unerlässlich war. Zudem war aufgrund der historischen Bausubstanz und kaum zugänglicher Leitungswege eine Zusatzverkabelung undenkbar. Die dezentralen Dimmerstandorte in den Stockwerksverteilern sowie die Steuerverkabelung über J-Y(St)Y-Leitungen mussten somit zwingend beibehalten werden.

Schnell war klar, dass dies optimale Einsatzbedingungen für das bewährte softLED-System des österreichischen Lichttechnik-Spezialisten LDDE aus Wien sind. Verbaut wurden 4W-Dim-To-Warm-Kerzenleuchtmittel, ansteuert über die zugehörigen DC-Systemdimmer samt 0-10V-Steuerinterfaces.

Da diese – im Gegegensatz zu so manch anderem Fabrikat – auch bei 230V DC zuverlässig 100% Helligkeit aufweisen, konnten somit auch die zur Sicherheitsbeleuchtung gehörigen Leuchten mühelos auf LED umgerüstet werden, sodass nun in allen Zuschauerbereichen ein einheitlicher Leuchtmitteltyp zum Einsatz kommen kann.

Auch die gesamte Ansteuerung der Beleuchtung wurde in diesem Zuge erneuert. Die gesamte Beleuchtung der Bereiche außerhalb des Saals konnte bislang nur aus dem Garderobenbereich bedient werden. Das hierfür eingesetzte Steuertableau mit klassischer Direkt/Geregelt-Umschaltung und nachgeschalter Intensitätssteuerung war aufgrund seiner Komplexität kaum sinnvoll zu bedienen, zudem kam es aufgrund defekter Relais und Durschaltung der Steuerspannung durch mehrere Verteilungen immer öfter zu Fehlfunktionen.

Nach dem kompletten Rückbau der Bestandstechnik und Grundreinigung der Verteilungen (aufgrund der Hitzeentwicklung von Dimmer und Hilfsschützen hatte sich hier flächendeckend Schwarzstaub abgelagert) konnte mit der Installation der SPS-Technik begonnen werden.

Im ursprünglichen Steuerverteiler wurde unsere bewährte SC-CORE-CPU verbaut, welche auch die Ausgabe der Analogsignale für den Großteil der Saaldimmer übernimmt und eine ZT-RLA16 für die rein geschalteten Kreise in den Treppenhäusern und Umgängen ansteuert. Hier erfolgt auch Bedienung über ein gut lesbares 15“-Touchpanel. Übersichtlich dargestelle Zentralsteuerbefehle für den Veranstaltungsbetrieb gewährleisten eine einfache Bedienbarkeit auch durch Abendaushilfen. Weitere Unterstationen befinden sich in der Seitenbühnenverteilung sowie im kleinen Studiotheater im Erdgeschoss, welches auch als zusätzliches Pausenfoyer genutzt wird.

Außerdem wurde ein SPS-Knoten in der Lichtregie gesetzt, welcher neben der Schaltung der szenischen Dimmeranlage und der Arbeitslichter auch die Anbindung des Saallichts an die DMX-Anlage übernimmt. So konnte das dort installierte, nicht mehr betriebssichere Nebenfunktionspult der szenischen Lichtanlage ebenfalls ersetzt werden. Die Visulisierung aller Schaltungen und Zustände erfolgt nun zeitgemäß auf einem 10“ Touchpanel. Da ein zentrales Steuernetzwerk für alle Anlagenteile errichtet wurde, konnte auch die Foyerbeleuchtung auf einfachste Weise ins Regie-Tableau mit eingebunden werden, sodass der Techniker bei Publikumseinlass jederzeit prüfen kann, ob alle relevanten Beleuchtungskreise im Zuschauerhaus eingeschaltet wurden.

Für die Vernetzung über die Bestandsverkabelung griffen wir auf bewährte Technik zurück. Bereits in unserem Projekt Gärtnerplatztheater war die Anforderung über den bestehenden, nicht für Bussignale zertifizierten Schleifring eine Datenverbindung aufbauen zu müssen. Hierzu kamen 2-Draht-Bridge-Modems zum Einsatz, die ohne Probleme den Aufbau eines 100MBit/s-Netzes über Standard-Telefonverkabelung ermöglichen. Auch im Wilhelma-Theater setzen wir diese Technik erfolgreich ein. Somit ist das „Upgrade“ auf modernste, zukunftsfähige Technik unter der vorgegebenen Beibehaltung der vorhandenen Infrastruktur optimal geglückt.

An dieser Stelle sicherlich auch erwähnenswert: Trotz der einen oder anderen Überraschung während des Umbaus, wenn die Kabelzugliste aus der Bauphase eben doch nicht ganz mit der Realität übereinstimmt oder Pläne bei den berühmten „gewachsenen Systemen“ nicht nachgeführt wurden, belief sich die Kostenüberschreitung auf sage und schreibe 0,3%. Hier zeichnet sich die jahrelange Expertise aus zahlreichen Bestandssanierungen ab, wo es stets gilt, solche Eventualitäten von vornherein mit zu berücksichtigen. Kalkulation stets transparent und ehrlich – ein „das konnten wir jetzt aber nicht voraussehen, das wird teuer“ gibt es bei uns in der Regel nicht.